Dienstag, 18. Oktober 2011

Martin Büsser. Ein zu kurzes Leben

And it makes me doch immer wieder Wunder:
Bayern, das von der Restrepublik so liebevoll gehegte Menetekel für einen besonders dreisten nationalen Chauvinismus, hält sich einen Rundfunk, der gerade in diesem Verständnis Schieflage produzierende Beiträge und Features sendet. Als treuer und manchmal auch begeisterter Zuhörer wäre ich fast versucht zu sagen: Solange es den BR2 in dieser Form gibt,...- na, lassen wir das. Als gebürtiger Franke müsste ich es besser wissen: Es ist ganz gleich, in welcher Einkaufsstraße man sich innerhalb dieser Republik aufhält- dumpf bleibt es überall. Umso wohltuender erscheinen dann doch die Momente eines gelungenen Radiobeitrages. Und hier bleibt zu attestieren: Bemerkenswerte und interessante, mitunter mutige Projekte entstammen immer wieder dem Rundfunkhaus aus München.

So verwundert es auch nicht, dass der BR2 mit dem Feature "Martin Büsser. Ein zu kurzes Leben" einen wirklich herausragenden Beitrag zum Gedenken an Martin Büsser liefert. Ich möchte diese Hörstunde über den im letzten Jahr verstorbenen Journalisten empfehlen, bietet diese bei aller bereits bekannten Information doch zuallererst eine sehr intime Sicht auf Büssers Leben, nicht nur auf sein journalistisches Wirken. Ein großes Verdienst der Sendung ist es, hier das besonders Tragische an seinem Tod zu vermitteln: Nicht die besondere Qualität seines Musikgeschmacks oder seines Schreibens ist es, die erinnerungswürdig erscheint. Es war vielmehr sein Selbstverständnis als Kulturjournalist und seine konsequente Haltung, die gerade in der Rückschau so imponieren. Davon zeugen nicht zuletzt die Ausführungen Sonja Eismanns über die gängigen Zusammenhänge zwischen Musikindustrie und Printredaktionen gängiger Musikzeitschriften. Lehrreich ist die Stunde also auch noch...
Die Anekdote, die Martin Büssers Mutter über seine Konfirmation erzählt- eine verbale Rangelei mit dem Pastor und der Behauptung beider Charaktere in diesem Streit- dieses protestantische Detail passt doch zu schön. Es zeugt doch von der Herkunft und der bildungsbürgerlichen Sozialisation, die ihn stets begleitete und die ihn auch Grenzen aufzeigte, das schwierige Verhältnis zu Hip Hop beispielsweise. Es musste schon mindestens ein die Konvention brechendes, intellektuelles Element hinzukommen, bevor sich Martin dieser Musik en detail näherte (Bsp. die von DÄLEK benutzten FAUST-Samples. In der Testcardausgabe zum Thema "Black Music" bediente er das Thema mit seinem Beitrag über Anticon. Das war nur zu konsequent)
Die Szene zeugt aber auch von Martin Büssers Überzeugung und seine Bereitschaft, andere Menschen zu überzeugen. Im Diskurs und im Austausch- aber nie ohne Prinzip. Mit dem größeren Abstand nach einem Jahr fühlt sich sein Tod fast noch bekümmernder an als zuvor. Das, was wir Menschen, die ihn kennenlernen durften, verloren haben: Das zeigt noch einmal diese Sendung "Martin Büsser. Ein zu kurzes Leben" auf. Vielen Dank.



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